Von wegen Bürgerwille

Bürgerrat Ernährung. Der Bundestag will’s wissen: Um einen Einblick zu bekommen, was die Deutschen zum Thema Ernährung zu sagen haben, rufen die Volksvertreter einen Bürgerrat zu »Ernährung im Wandel« ins Leben. Schon der Titel lässt erahnen, wohin die Reise gehen soll/wird: Auf jeden Fall weg vom Fleisch. 160 anhand soziodemographischer Kriterien »per Zufall« ausgewählte Bürger (inklusive Vegetarier- und Veganerquote) sollen diskutieren und einen Katalog mit Empfehlungen an die Politik erarbeiten. Der wird dann dem Bundespräsidenten überreicht, ist aber nicht bindend. Und dann? Dann gerät das Ganze vermutlich in Vergessenheit. Oder können Sie sich auch nur an eines der Themen der acht bundesweiten Bürgerräte erinnern, die seit 2019 stattfanden? Falls nein: Macht nichts, den Politikern geht es genauso – und das ist vielleicht nicht das Schlechteste. Denn bereits 2021 widmete der »Bürgerrat Klima« der Ernährung in seinem Bericht ein eigenes Kapitel mit 18 Handlungsempfehlungen. Die lesen sich, als seien sie vom Bundesparteitag der Grünen beschlossen worden. Was zumindest die Frage nach der Repräsentativität der Auserwählten aufwirft.

Anhand dieser Erfahrung lässt sich leicht vorhersagen, was der Bürgerrat Ernährung für Empfehlungen hervorbringen wird: Der Verzehr von Fleisch und Milchprodukten muss gesenkt werden, der von pflanzlicher Nahrung und Fleischalternativen gesteigert. Die Politik könnte dann bei Entscheidungen kontra Tierhaltung mit gutem Gewissen auf den »Bürgerwillen« verweisen. Da bleibt zu hoffen, dass der Bürgerrat Ernährung das Schicksal seiner Vorgänger teilt und rasch in Vergessenheit gerät.

Markus Wolf