Regulierungswut
Agrarstrukturgesetz. Seit Jahren diskutiert die Politik über ein strengeres Bodenrecht. Die Begrenzung des Preisanstiegs, die Stärkung ortsansässiger Landwirte und eine breite Streuung des Bodeneigentums werden mantraartigals Ziele ausgegeben. Brandenburg hat jetzt einen Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz vorgelegt.
Herr Odening, Herr Balmann, Sie sehen den Gesetzentwurf kritisch. Warum?
Weil Ziele, Maßnahmen und deren Begründungen überhaupt nicht zusammenpassen. Das Gesetz diskriminiert Marktteilnehmer nach Typ und Herkunft aufgrund des ideologischen Paradigmas »Bauernland in Bauernhand«. Die Ursachen für den Preisanstieg am Bodenmarkt sind anderswo zu suchen, insbesondere in niedrigen Zinsen oder individuellen Grundrentenerwartungen. Der Wunsch, die Preisentwicklung auf Bodenmärkten vom Marktgeschehen abzukoppeln, ist verständlich, allerdings vollkommen unrealistisch.
Es gibt aber auch gute Gründe, Bodenmärkte zu regulieren?
Ja, etwa um lokale Marktmacht einzudämmen. Darauf wird im Gesetzentwurf aber überhaupt kein Bezug genommen. Stattdessen wird suggeriert, dass Boden nur dann nachhaltig und sozialverträglich bewirtschaftet werden kann, wenn dieser im Eigentum von Landwirten ist. Dafür gibt es aber keine empirischen Belege.
Außerdem ist vorgesehen, Kauf- und Pachtpreise durch seitens der Verwaltung berechnete Ertragswerte zu begrenzen. Welche Folgen hätte das?
Wenn das 1,3-fache des behördlich berechneten Ertragswerts die Preisobergrenze für Ackerland darstellt, hätte rückblickend betrachtet bei fast jedem Kauf in Brandenburg ein »Preismissbrauch « vorgelegen. Das ist absurd. Würde dieser Vorschlag tatsächlich umgesetzt, hätte das einen dramatischen Wertverlust für Bodeneigentum um etwa die Hälfte des aktuellen Wertes zur Folge. Das käme einer Teilenteignung gleich. Die Kreditwürdigkeit der Betriebe wäre verringert und Banken müssten Wertberichtigungen in ihren Bilanzen vornehmen.
Wie würden Bodeneigentümer darauf reagieren?
Das ist unklar. Verkäufe in kleineren Losen, Schwarzgeldzahlungen oder Unterlassen von Verkäufen könnten mögliche Anpassungsreaktionen sein.
Und weil das alte Geschäftsmodell des »Wachsen oder Weichen« gesellschaftlich nicht mehr anschlussfähig ist, definiert der Gesetzgeber jetzt auch noch die maximale Betriebsgröße?
Eine ökonomische Begründung für die Größenschwelle von 2 600 ha wird darin gesehen, dass ab dieser Größe keine nennenswerten Kostendegressionseffekte mehr zu erwarten seien. Die Vorstellung, der Gesetzgeber wüsste, was die optimale/maximale Betriebsgröße ist, zeugt von einer planwirtschaftlichen Denkweise. Es kommt zur Beweislastumkehr: Betriebe müssen sich gegenüber Behörden rechtfertigen, warum sie wachsen wollen. Ähnliche Interventionen sind in marktwirtschaftlichen Systemen nur bei Fusionen von Großunternehmen üblich, wenn einemarktbeherrschende Stellung zu befürchten ist. Darauf wird im Kontext des Agrarstrukturgesetzes, wie gesagt, nicht Bezug genommen.

