Dokumentation für alle!
Antibiotika. Ab 2023 wird die Pflicht, den Antibiotikaverbrauch zu dokumentieren, ausgeweitet. War sie bisher auf die Schweine-, Geflügel und Rindermast beschränkt, gilt sie dann auch für die Halter von Milchkühen, Legehennen und Sauen mit Saugferkeln. Reflexartig folgt die Kritik aus Teilen der Branche: Von einem Bürokratiemonster ist die Rede. Zudem sei doch bereits sehr viel erreicht worden; noch weitere Antibiotikareduktionen könnten das Tierwohl gefährden. Dabei soll sich an der bislang schon geltenden Systematik gar nichts ändern. Es bleibt beim Vergleich aller Halter einer Tierkategorie: Wer beim Verbrauch zum oberen Viertel gehört, muss etwas tun.
Warum also dagegen schießen, wenn es um eine Selbstverständlichkeit geht? Die besteht nämlich darin, gute Rahmenbedingungen für die Tiergesundheit zu schaffen und so wenig Antibiotika wie möglich einzusetzen. Schließlich ist das gute fachliche Praxis. Auch auf brancheninternen Veranstaltungen wird das immer als allgemein anerkanntes Ziel kommuniziert. Warum sollten diese Grundsätze nicht auch von Milchvieh- und Legehennenhaltern eingefordert werden? Interessenvertretungen weisen zu Recht schon lange auf die ungeklärte Lücke zwischen dem Verbrauch in der Tiermast und der insgesamt an Tierärzte abgegebenen Antibiotikamenge hin. Sie beträgt aktuell über 200 t und damit ein Drittel des gesamten Verbrauchs! Mehr Transparenz ist somit im Sinne der Nutztierhalter. Denn im Umkehrschluss sind die nicht in der Nutztierhaltung verwendeten Antibiotika an Heim- und Hobbytiere verabreicht worden.
Das Ergebnis könnte entlarvend sein. Und hoffentlich endlich auch den Fokus auf diese Absatzkanäle lenken. Darüber hinaus muss in allen Bereichen der Medizin daran gearbeitet werden, den Antibiotikaverbrauch zu minimieren. Auch die Humanmedizin muss sich endlich einem Monitoring stellen.
Natürlich bedeutet Dokumentation immer Mehraufwand.
Aber bei einem derart zentralen Thema wird es ein »Zurück« ohnehin nicht geben. Und ehrlicherweise muss auch gesagt werden: Die Digitalisierung erleichtert das Meldeprozedere sehr. Grundsätzlich kann eine schlechte Umsetzung und überbordende Bürokratie kein Argument gegen eine wichtige Dokumentation und die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes sein – in der Tier- und Humanmedizin. Ansonsten müsste man auch gegen die Verpflichtung zur Steuererklärung streiten. Der bürokratische Aufwand ist schließlich extrem.
