Interview: "Ausbildung und Beratung sind Schlüsselfaktoren der Digitalisierung"
Viele Landwirte fühlen sich mit der Digitalisierung alleingelassen. Noch mehr sind skeptisch, weil sie die Vorteile nicht sehen. Es bewegt sich viel, aber die Potentiale sind längst nicht ausgeschöpft. Fragen an Dr. Johannes Sonnen, DKE-Data, die Ende April Veranstalter der smart farming days in der Nähe von Osnabrück war.

Was sind die künftigen Herausforderungen der Landwirte in Sachen Datenmanagement?
Ich würde es eher Herausforderungen der Landwirte und Lohnunternehmer im Bereich Smart Farming nennen. Der Bereich Datenmanagement ist nur ein Teil des gesamten Smart Farming. Die größten Herausforderungen beim Einsatz von Smart-Farming-Technologien sind die betriebsindividuelle Beratung zur Auswahl der passenden Techniken/Produkten, dann die Implementierung und der nachfolgenden Begleitung beim Betrieb. Und das Ganze herstellerübergreifend. Bis dato gibt es nur sehr wenige herstellerneutrale Fachexperten. Landwirte fühlen sich häufig allein gelassen und warten damit mit dem Ersteinsatz dieser Technologien. Gesetzliche Auflagen sind leider heute noch häufig der ausschlaggebende Grund, um z. B. die Dokumentationsauflagen zu erfüllen. Ökonomische Vorteile sind häufig nicht bekannt bzw. können seitens des Vertriebs den Kunden nicht erklärt werden. Die Händler und Landwirtschaftskammern sind allerdings aktuell dabei, sich als digitaler Partner des Landwirtes aufzustellen.
Wer hilft den Landwirten beim Umgang mit Daten aus unterschiedlichen Quellen?
Die herstellerunabhängige Datenaustausch Plattform agrirouter hilft alle Abschnitte eines Produktionsprozesses (Wertschöpfungskette) zu vernetzen. Mit Hilfe des vernetzten Produktionsprozesses kann die Produktion schrittweise ökonomisch und ökologisch optimiert werden, und das individuell pro Betrieb. Der agrirouter bildet somit das betriebsindividuelle Fundament für das Datenmanagement-Ökosystem.
Zunehmend ist von »Datenlogistik« die Rede. Was ist darunter zu verstehen?
Datenlogistik ist die Summe von Datentransport (also den Austausch etwa über den agrirouter) und Datenhandling. Neben dem betriebsindividuellen Austausch der Daten soll es zukünftig auch möglich sein, auf dem Transportweg Daten zu validieren, zu konvertieren bzw. zu korrigieren, um die Kompatibilität noch weiter im Sinne des Landwirtes als Unternehmer zu vergrößern. Auch die zentrale Software-unabhängige Möglichkeit zum Speichern der Daten eines landwirtschaftlichen Betriebes wird mehr und mehr in den Focus der DKE-Data rücken.
Apropos DKE-Data: Bisher "bestand" sie nur aus Landtechnik. Warum soll sich das ändern? Welche Rolle soll die Innenwirtschaft spielen?
Weil der Landwirt in seinem Produktionsprozess nicht nur Landtechnik im Einsatz hat. Wir nehmen mehr die Sichtweise der Landwirte als Unternehmer ein. In den differenten Produktionsprozessen nutzt er verschiedene Produkte von vielen Herstellern. Der Datenaustausch zwischen diesen Produkten (Hardware, Software, mobile als auch stationäre Maschinen… ) ist aus Sicht des Landwirtes zur stetigen Optimierung und Erfüllung der Dokumentationspflichten unabdingbar. Industrielle Produktionsbetriebe »vernetzen« auch die an der Produktion beteiligten Prozesselemente, um den Produktionsprozess bei Einhaltung der Qualität stetig zu optimieren.
Wie sieht das neue Geschäftsmodell von DKE-Data aus?
Der agrirouter-Account eines Landwirts ist und bleibt weiterhin kostenlos. Unsere Partner und Gesellschafter zahlen künftig einen Jahresbeitrag entsprechend einem fairen Kostenbeteiligungsmodell.
Welche zentralen Botschaften gab es bei den smart farming days?
Die Besucher konnten sich bis dato noch nicht so gebündelt zu verschiedenen Smart-Farming-Technologien an einer zentralen Stelle informieren konnten. Und das Ganze auch im Feld. Das erscheint uns wiederholungswürdig. Es bewegt sich viel in der Welt des Smart Farming, aber es gibt aber noch viel zu tun, um alle Potentiale heben zu können. Im Bereich der Ausbildung / Weiterbildung muss viel getan werden. Gleiches gilt für die herstellerneutrale Beratung und Inbetriebnahme.
Die Fragen stellte Thomas Preuße