Betriebsauswertung. So behalten Sie den Überblick

Der Jahresabschluss ist umfangreich und es fällt manchmal schwer, die Zusammenhänge genau zu verstehen. Wie Sie anhand einer einfachen Excel-Auswertung das große Ganze im Blick behalten, zeigen Rainer Langosch und Rainer Möller.

Die Erfolgsanalyse ist schwierig. Es gibt fixe, variable und kalkulatorische Kosten, den Deckungsbeitrag, Betriebsgewinn und den Cashflow. Wer soll da den Überblick behalten? 

Ein Beispiel. Für einen Milchviehbetrieb analysieren wir das trockene Wirtschaftsjahr 2019/20 mit niedrigen Milchpreisen und Grundfutterknappheit. Der Betriebsleiter hat 2015 einen neuen Stall mit zwei Melkrobotern für 140 Kühe gebaut. Nach vier Jahren hat er den Stall um 70 Plätze erweitert. Zusätzlich wurde in einen Fütterungsroboter und Photovoltaik investiert. Durch die niedrigen Milchpreise ist die wirtschaftliche Situation trotz hoher Milchleistungen sehr angespannt. 

Betriebs-Check auf einer DIN-A4-Seite. Wir sortieren die Informationen des Jahresabschlusses in die wichtigsten Kostenblöcke und unterscheiden zwischen fixen und variablen Kosten (siehe Übersicht 2). Bei der Betrachtung der Kosten erkennt der Betriebsleiter die Positionen, bei ­denen Verbesserungen das größte Einsparpotenzial bieten. Das sind die Futtermittelkosten mit 192 500 € und die Arbeitserledigungskosten mit 230 500 €. Er nimmt sich vor, die Märkte (noch) intensiver als bisher zu beobachten und bei Kontrakten konsequent mehrere Angebote zu vergleichen. 
Beim Ertrag ist der Milcherlös entscheidend. Durch die Änderung wichtiger Variablen (Milchpreis, Kuhzahl, Milchleistung) kann der Betriebs-Check auch als Szenarioanalyse für die Zukunft genutzt werden: »Wie ändert sich der Betriebsgewinn, wenn …?«
Um die sonstigen Erlöse und Zulagen ergänzt, erhalten wir den Gesamtumsatz von 643 198 €. Der Milcherlös macht über 80 % aus und ist damit der entscheidende Gewinnhebel. Denn die Kuhzahl ist auch nach der Stallerweiterung auf insgesamt 200 Kühe begrenzt. Und auf den Milchpreis hat der Betriebsleiter kaum Einfluss, sodass die Steigerung der Milchleistung (mit gesunden Kühen) das wichtigste Ziel ist.
Deckungsbeitrag, Gewinn, Eigenkapitalbildung, Cashflow – die wichtigsten Kennzahlen auf einen Blick. Für unser Beispiel ergeben sich: 
Umsatz - variable Kosten = 231 198 € Deckungsbeitrag 
Deckungsbeitrag - Fixkosten = 38 948 € Betriebsgewinn
Betriebsgewinn + 1 750 € außerbetriebliches Einkommen - 65 000 € Privataufwand (Lebenshaltung und Steuern) = - 24 302 € bereinigte Eigenkapitalbildung.

Der Cashflow zeigt den tatsächlichen Geldfluss und die Auswirkung auf die Liquidität. Aus diesem Grund können die Abschreibungen (119 775 €) zum bereinigten Eigenkapital addiert werden, da diese bereits in der Vergangenheit »gezahlt« wurden. Die Anschaffungen wurden teils über Fremdkapital finanziert, das nun mit 80 000 € pro Jahr getilgt wird und die ­Liquidität belastet. Unterm Strich bleibt mit 15 448 € ein geringer Cashflow 3 übrig. 
Der Betriebsleiter erkennt, dass ein Milchpreis von 30,7 Ct/kg notwendig ist, um alle anfallenden Zahlungen inklusive Kapitaldienst zu bedienen. Es bleibt somit kaum finanzieller Spielraum für Ersatz- oder Neuinvestitionen. 

Bisher blieben die Faktorkosten unberücksichtigt. Der Betriebsleiter hat fast 1 Mio. € Eigenkapital investiert, arbeitet 2 800 Stunden pro Jahr und stellt 60 ha eigenes Land zur Verfügung (Grafik 2). Diese Faktorkosten müssen entlohnt werden. Schließlich könnte unser Landwirt das ­Eigenkapital gegen eine Verzinsung von z. B. 1 % investieren, für seine Arbeitsleistung einen Stundenlohn von 17,50 € erzielen und seine Flächen für 329 €/ha verpachten. Zusammen ergeben sich da­raus 78 264 €, die der Betrieb mittel- bis langfristig zusätzlich verdienen sollte.
In dem von uns betrachteten Beispieljahr 2019/20 gelingt die Deckung der Faktoren nur zu 50 %. Es bleibt ein kalkulatorischer Betriebsverlust von – 39 316 €. Anders ausgedrückt: Das E­igenkapital verzinste sich nur mit 0,5 %, der Stundenlohn der eigenen Arbeit läge mit 8,70 € unter dem gesetzlichen Mindestlohn und die erzielte Pacht auf das Eigenland läge bei nur 164 €/ha. Das macht unseren Betriebsleiter nachdenklich. Weil in der Landwirtschaft die Mengen und die Marktpreise stark schwanken können, sollte man für strategische Entscheidungen die Durchschnittswerte der vergangenen drei bis fünf Jahre berücksichtigen. Bei den Milchpreisschwankungen und der Sonderbelastung für den Grundfutterzukauf wegen der Dürre ist ein negatives kalkulatorisches Betriebsergebnis manchmal nicht vermeidbar. Zur vollen Deckung der Faktorkosten hätte der Betrieb einen Milchpreis von 33,9 Ct/kg benötigt.  
Ausblick. Durch die Anpassung einiger Werte wagt unser Betrieb einen Ausblick auf das aktuelle Wirtschaftsjahr. Mit 200 Kühen, einer durchschnittlichen Milchleistung von 10 750 kg/Kuh und einem höheren Milchpreis steigt der Umsatz deutlich. Die Fixkosten steigen allerdings mit einer zusätzlich erforderlichen Arbeitskraft. Durch den verringerten Zukauf von Maissilage fallen die variablen Kosten um 45 000 €. Bei diesen positiven Aussichten kann der Betriebsleiter endlich wieder besser schlafen. 

Prof. Rainer Langosch, Hochschule Neubrandenburg und Rainer Möller, Möller Agrarmarketing Stade

Aus DLG-Mitteilungen 6/21. Den vollständigen Artikel als pdf finden Sie hier.

Den Betriebs-Check für die eigene Kalkulation können Sie hier kostenfrei herunterladen.
Details zur Berechnung und was Sie bei der Interpretation der Zahlen beachten sollten, hat Prof. Rainer Langosch zusammen mit Studenten der FH Neubrandenburg in einem Webinar aufgezeigt. Die Videoaufzeichnung dazu finden Sie hier