Genomeditierung: Was läuft aktuell?

Alle reden von Genomeditierung als neuer Züchtungsmethode. Dabei ist die Methode in und außerhalb von Europa schon in vollem Gange. Die belgische Universität Gent hat jetzt eine öffentlich zugängliche Datenbank bereitgestellt, in der sich für die Jahre 1996 bis 2022 insgesamt  500 Anwendungen bei 63 Pflanzen finden. Die häufigsten sind (in dieser Reihenfolge) Reis, Tomate, Mais, Sojabohne und Weizen. Die meisten Arbeiten finden in China statt (mit einer gewissen Dunkelziffer, wie man annimmt), gefolgt von den USA, der EU, Japan und Großbritan­nien. Dort werden auch Lösungen für die Dritte Welt gesucht, wo die Krankheits- und Schädlingsbekämpfung eine besondere Herausforderung ist. In fast 90 % der Fälle ist CRISPR/Cas die Methode der Wahl. Bei den veränderten Eigenschaften geht es um das gesamte Spektrum von der Produktqualität über Ertrag, Wachstum und Resistenz bis hin zu industriellen Anwendungen (etwa Biokraftstoffen). In einigen Fällen ersetzt die Genomedi­tierung als Methode die klassische Gentechnik. Folgt man US-­Agrarökonomen, so ist das begründet: Eine neue Sorte braucht mit Genomeditierung fünfeinhalb, mit Gentechnik acht Jahre. Die Erfolgsquoten liegen bei 25 gegenüber 5 %, die Entwicklungs­kosten betragen 12 gegenüber 76 Mio. US-$. Damit sich eine GVO-Sorte rechnet, sind 25 Mio. ha Anbaufläche erforderlich, bei den genomeditierten dagegen nur knapp 1 Mio. ha.

Vorausgesetzt, diese Sorten gelten nicht als Gentechnik und vermeiden damit den teuren Zulassungsprozess. Außerhalb von Europa ist das kein Thema: Entweder gelten diese Sorten als konventionell (Argentinien, Australien), oder der Anbieter muss begründen, warum eine »normale« Zulassung möglich ist (USA, Brasilien). In Europa hat bisher nur Großbritannien dereguliert, und die Schweiz ist auf dem Weg dahin. Die EU-Kommission will erst Mitte 2023 einen Vorschlag machen. Dabei könnten diese Methoden entscheidend zu den Zielen des »Green Deal« beitragen.

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