Löst ein Ende der Seeblockade alle Probleme?
Wird das Bild eines Schiffes, das in Odessa Getreide lädt bald wieder ein gewohnter Anblick? Die ersten Schiffe sind zumindest im Begriff, die ukrainischen Häfen zu verlassen. Damit wächst die Hoffnung auf größere Getreideexporte aus der Ukraine. Sollte es dazu kommen, wäre das ein wichtiger Schritt – aber nicht das Ende der Probleme. Es geht um weit mehr als die 20 Mio. t Getreide, die noch aus dem letzten Wirtschaftsjahr lagern. In Kürze reden wir von weiteren 50 Mio. t aus der neuen Ernte. Im Augenblick werden monatlich aber nur 1,5 bis 2 Mio. t exportiert. Nicht genug, um Platz für die neue Ernte zu schaffen.
Die Exporte müssen gesteigert werden, erstens um Platz zu schaffen für die neue Ernte. Zweitens um sicherzustellen, dass die Erzeuger Geld bekommen, um Dünger, Saatgut und Diesel für das neue Wirtschaftsjahr zu kaufen. Ansonsten droht vielen Betrieben das Aus – und der Ukraine bzw. der Welt ein noch größerer Ernteausfall im nächsten Jahr. Drittens braucht die Welt das Getreide, und je schneller die Ukraine liefern kann, desto eher beruhigt sich die Situation in den Importländern. Und viertens braucht die Ukraine die Devisen, um einen wirtschaften Kollaps abzuwenden. Die Verschiffung ukrainischen Getreides über Polen, Deutschland sowie das Baltikum und über die Donau überfordert die Wasserwege: Mitte Juli verstopften bereits 130 kleinere Frachter den Zugang zur Donau. Zudem lassen sich auf diesem Wege bestenfalls Kapazitäten von 2 Mio. t im Monat schaffen. Daher ist es entscheidend, die Häfen von Odessa, Chernomorsk und Pivdennyi wieder zu öffnen. Die sind noch unter ukrainischer Kontrolle und sie alle können Panamax-Frachter abwickeln. Selbst wenn es einige Monate dauern wird, um die Infrastruktur wieder in Gang zu setzen, liegt hier der Schlüssel zur Lösung des Problems.
Dr. Josef Schmidhuber, FAO
