Regenwürmer können mehr
Allgemeine Begriffe wie »Bodenfruchtbarkeit« hatten schon bessere Zeiten. Spätestens seit 100 Jahren reden Ackerbauern lieber von Dünger (oder noch präziser: vom notwendigen Stickstoffaufwand). Das mystische Geraune überlässt man lieber den Esoterikern. Darüber ist jedoch vielfach das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden. Dass im Boden viel mehr stattfindet, als im Lehrbuch steht, diese Erkenntnis nimmt erst allmählich wieder Fahrt auf. Ebenso die Einsicht, dass Boden viel mehr ist als ein Substrat, mit und in dem man nach Belieben schalten und walten kann.
Dass zum Beispiel Regenwürmer nützlich sind für die Bodenstruktur, weiß jedes Kind. Dass sie aber Pflanzen unmittelbar mit Stickstoff versorgen können und nicht nur auf dem Umweg über die Zerkleinerung und Verdauung organischen Materials und mithilfe von Mikroorganismen, das haben jetzt erst Wissenschaftler des University College in Dublin (Irland) herausgefunden: Im Schleim der Würmer sind mit Aminosäuren und Acetat für Pflanzen leicht verfügbare N-Verbindungen vorhanden. Bei genügend Feuchtigkeit und Wärme »arbeiten« die Regenwürmer besser – und gerade dann haben auch die Pflanzen einen erhöhten Bedarf.
Ob sich über den Schleim der Regenwürmer nun direkt eine mineralische N-Düngung vermindern lässt, wie es die Forscher vermuten, ist mit ihren Experimenten nicht belegt. Was lesen wir daraus? Die Annahme liegt nahe, dass eine reichliche Mineraldüngung weder die Pflanze noch die Würmer zu diesem natürlichen N-Kreislauf motiviert. Umgekehrt dürfen Würmer einen potentiellen Hochertragsbestand nicht allein ernähren können. Diese Versuchsergebnisse geben zwar keine unmittelbare Anleitung zum Handeln, aber es wächst Schritt für Schritt das Verständnis für die »unsichtbaren« Vorgänge im Boden.
