Das Beste aus zwei Welten
Chemischer Pflanzenschutz plus Biologicals: Das íst die neue Zauberformel in der Agrarchemie. UPL präsentiert jetzt ein Produkt, das Erträge und Eiweißgehalte bei Dürre und in Roten Gebieten stimulieren soll.
Immer weniger Zulassungen, immer mehr Verbote: Da würde man auf den chemischen Pflanzenschutz doch keinen Cent mehr wetten!? Vor diesem Hintergrund erscheint es umso bemerkenswerter, wenn auch und gerade in Deutschland Anbieter mit ambitionierten Zielen und neuen Ansätzen auftauchen. Wie jetzt UPL. Die Firma mit indischen Wurzeln ist schon seit 1976 im Agrarchemiegeschäft unterwegs, hat aber in Europa erst in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt. Dazu trugen auch Übernahmen wie von Arysta (mit „Biosolutions“) oder Advanta (Saatgut) bei. Mit einem weltweiten Umsatz von 6 Mrd. US-$ und 10.000 Mitarbeitern sieht sich UPL heute mit einem Anteil von 8% als die Nummer 5 im Agrarchemiegeschäft und als Weltmarktführer bei Biologicals. 2008 hatte der Umsatz noch unter 1 Mrd. US-$ gelegen.
Das Geschäft in Deutschland ist noch überschaubar. Schwerpunkte waren bisher Rübenherbizide (37% der Umsätze) und Herbstherbizide für Getreide (22%). Erst in den nächsten Jahren sollen mehr Fungizide hinzukommen. Damit wird man auch in Zukunft Landwirte nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Interessanter ist da schon der Ansatz, chemische und biologische Lösungen neu zu kombinieren.
Ein Beispiel dafür ist die Kombination eines Schwefelpräparates mit Prothioconazol. Der Kontaktwirkstoff Schwefel mit seiner Ramularia-Nebenwirkung könnte das systemische Azol entlasten und Resistenzbildungen verlangsamen, so die Idee. Noch interessanter allerdings ist ein mit Spurennährstoffen angereichertes Aminosäure-Präparat, das die Chlorophyllbildung stimulieren und als Antioxidans Pflanzen vor Stress schützen soll.
Vor allem im Zusammenhang mit der Ährenspritzug von Getreide könne „Ary-Amin C“ erfolgreich sein. Wenn Hitze das Wachstum hemmt und Dürre die Nachlieferung von Nährstoffen stocken lässt. Oder diese in Roten Gebieten gar nicht mehr gedüngt werden können und sich dennoch der Eiweißgehalt über die kritische Schwelle von 12% heben lässt. Gerade der Sommer 2022 hat Versuchsergebnisse präsentiert, die den UPL-Leuten durchaus Mut machen. Bei einer empfohlenen Aufwandmenge von 3 l/ha kann man wohl von einem Preis von rund 25 €/ha für das ab 2023 verfügbare Produkt ausgehen. Und sich damit leicht ausrechnen, welches Ertragsplus dafür nötig ist. In Kombination mit der Ährenspritzung 1 dt/ha – wenn die Ährenspritzung unter den Bedingungen., die das Biological erst sinnvoll machen, überhaupt nötig ist.
Mit solchen „Wenns“ sind wir bei einem Grundproblem aller Biologicals angelangt. Man kann von ihnen nämlich nicht die Wirkungssicherheit eines chemischen Pflanzenschutzmittels erwarten. Solche Mittel erfordern ein Umdenken, erfordern die Bereitschaft, auch mal ins Risiko zu gehen. Misstrauen nicht nur unter Landwirten, sondern auch in der Beratung ist durchaus verbreitet, wozu auch die vielen in der Branche „snake oils“ (also Produkte mit fragwürdiger Wirksamkeit) beitragen. Biologische Lösungen dürften also wohl nicht „von oben“ empfohlen wie bisher die chemischen Pflanzenschutzmittel vom amtlichen Dienst, sondern eher „von unten“ bei einzelnen Landwirten oder in Beratungsringen von unten entwickelt werden. Wobei es dabei durchaus „zwei Schritte vor, einen zurück“ geben kann. Sich in zwei Welten zu bewegen, ist vielleicht die Zukunft. Aber sie erfordert zunächst Geduld und Kompromissbereitschaft.
