Genvielfalt im Boden ist wichtiger als Artenvielfalt
Auch wissenschaftliche Institute wissen ihre Ergebnisse schlagzeilenträchtig zu vermarkten: Im Boden erzeugt der Ackerbau ein »Paradies der Gangster«. Pflügen, Pflanzenschutz und Düngung schaffen eine chaotische neue Welt, welche stickstoffraubende Urbakterien (Archaea) und »Killerpilze« auf Kosten der für Pflanzen nützlichen Pilze bevorzugt.
Forscher im britischen Rothamsted haben das Bodenleben in einem Acker mit dem unter langjährigem Grünland und Brache am selben Standort verglichen. Ein Wechsel von Grünland zu Acker ändert nicht viel an der Artenvielfalt an sich. Neue Arten, die einwandern, leben auf Kosten von Insekten, Pflanzen und Flechten, drängen die nützlichen Mykorrhiza-Pilze zurück und führen insgesamt zu einer geringeren Stabilität des Systems. Die Artenvielfalt der Bakterien ist im Ackerbau größer, besonders aber die der N-liebenden Archeaen, die »nebenbei« Lachgas produzieren. Pflügen führt zu einer größeren »Zufälligkeit« der Zusammensetzung dieser Arten. Der Einsatz von Fungiziden hingegen »erzeugt« ein gleichmäßigeres Spektrum von weniger, möglicherweise resistenten Bodenpilzarten.
Besonders überraschend war für die Forscher, dass weniger die Artenvielfalt an sich auf die Nutzungsänderungen reagierte als die genetische Vielfalt. Die Forscher fanden gegenüber Grünland
650 Bakterien- und Archaea-Genome weniger im Ackerboden und 1300 weniger unter Brache. Es sei eine Eigenschaft dieser Organismen, nicht mehr benötigte Gene einfach zu verlieren. Das deute auf den Verlust biologischer Funktionen in ackerbaulich genutzten Böden hin.
Diese Aussage sollte man sicherlich nicht als Vorwurf werten, sondern zunächst als Hinweis darauf verstehen, dass selbstverständlich jeder Eingriff in den Boden Folgen hat, von denen wir aber noch sehr wenig wissen.
