Coronahilfen. Wie der Staat unterstützt, ist kaum durchschaubar

In immer mehr Bundesländern erhalten einzelne Schweinehalter die Aufforderung, Corona-Überbrückungshilfen zurückzuzahlen. Nach welchem System, ist unklar. Es geht um Millionen.

Die Lage ist chaotisch. Für das Jahr 2021 konnten etliche Schweinehalter Anträge für die Corona-Überbrückungshilfe des Bundes stellen. Ein Teil davon wurde positiv beschieden, doch seit etwa Mitte Mai liegen einigen Betrieben Rückforderungen für bereits geleistete Abschlagszahlungen mit einer Frist von vier bis sechs Wochen vor. Und es ist nicht nachvollziehbar, warum manche Anträge durchlaufen, andere abgelehnt werden und wieder andere durch Rückforderungen aufgehoben werden.

Hintergrund. Seit Januar 2021 werden auch Futterkosten als ansatzfähige Kosten im Rahmen der Überbrückungshilfe III bzw. III Plus anerkannt. Antragsberechtigt sind alle Unternehmen mit mehr als 30 % Umsatzeinbruch. Insbesondere spezialisierte Schweinebetriebe, die mit wenig Fläche wirtschaften, passen in dieses Raster.
Was bedeutet »vollständig durch Corona verursacht«? Sind die Umsatzverluste, nachweislich vollständig auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, gibt es Unterstützung vom Bund. Allerdings wird ein deutlicher Unterschied zwischen der Landwirtschaft und anderen Branchen, z. B. der Gastronomie, gemacht. Auch dort gibt es in den seltensten Fällen eine 100 %ige Coronabedingtheit, jedoch wird ein Nachweis dafür nicht verlangt. Es stellt sich die Frage, ob das zulässig ist.
Je nach Höhe des Umsatzrückgangs im Vergleich zu 2019, werden zwischen 40 und 90 % der förderfähigen Fixkosten erstattet. Jene Fälle, bei denen die Umsatzverluste lediglich »weit überwiegend« coronabedingt sind, werden dagegen über die Härtefallhilfe abgewickelt. Der Haken: Die Härtefallhilfen sind in den meisten Bundesländern auf 100 000 € gedeckelt. Ausnahmen bilden NRW mit 150 000 €, Bayern mit 250 000 € und Mecklenburg-Vorpommern mit 290 000 €. Die Verschiebung in den Härtefalltopf kann für den einzelnen Antragsteller deutlich geringere Hilfen im Vergleich zur Überbrückungshilfe bedeuten.

Die Rückforderungen sind existenzgefährdend.

Uneinheitliche Umsetzung. Ob Corona der einzige Grund für Umsatzrückgänge im fraglichen Zeitraum war oder ob noch andere Faktoren eine Rolle spielten, wird von den Bewilligungsstellen der Bundesländer höchst unterschiedlich beurteilt. Auch innerhalb einzelner Bundesländer gibt es Unterschiede, was zu massiven Wettbewerbsverzerrungen auf kurzer Distanz führt. So wurden beispielsweise die Anträge auf Ü III Plus von zwei Ferkelerzeugern mit ähnlicher Struktur in Sachsen ohne nachvollziehbaren Grund unterschiedlich beschieden: Der Antrag des ersten Betriebes wurde genehmigt, der
zweite Betrieb erhielt einen Ablehnungsbescheid und gleichzeitig die Rückforderung der bereits geleisteten Abschlagszahlung. Aus Thüringen, NRW und Niedersachsen wird von ähnlichen Fällen berichtet. Derzeit laufen Klagen gegen diese Rückforderungen, deren Ausgang ungewiss ist. Einziger Lichtblick: Die Klage hat eine aufschiebenden Wirkung, sodass die Rückforderung bis zur gerichtlichen Klärung ausgesetzt ist.

Kritische Liquidität. Die Gelder aus der Überbrückungshilfe sind für die Betriebe existentiell wichtig, sie wurden teilweise von den Hausbanken vorfinanziert. Bleiben die Zahlungen jetzt aus, kann nur eine Verlängerung der Bankfinanzierung das massive Liquiditätsproblem vieler Betriebe retten. Doch eine dafür notwendige »positive Fortführungsprognose« ist derzeit für spezialisierte Schweinehalter nur schwer zu geben. Der Rückzahlungsbescheid wird daher für manchen unverschuldet am Boden liegenden Betrieb der Todesstoß sein.

Christin Benecke

Aus DLG-Mitteilungen 7/22. Den Beitrag als pdf finden Sie hier.